Dienstag, 17. April 2012

Sunlion unterwegs – weit, weit weg

Hab ich's nicht gesagt? Ich werde das Burj Khalifa eigenhändig nachmessen. Jeden einzelnen Meter! Aber heute noch nicht! Morgen erst! Ich bin nämlich ganz schön fertig, nachdem ich im Flugzeug natürlich wieder nicht schlafen konnte. Verdammt, ich kann nicht mal zu Hause im eigenen Bett vernünftig schlafen, wie soll das dann in so einer dröhnenden Kiste gehen, wo zudem noch alle fünf Minuten eine hübsche Stewardess vorbeikommt und knuddeln will!?
Ich wollte eigentlich eine komplette Reisebeschreibung machen, mit allem drum und dran und pipapo, also vom Türabschließen bis zum abschließenden Wäschewaschen. Aber dann war der Berliner Hauptbahnhof so schrecklich häßlich und schmutzig, der Zug kam 20 Minuten zu spät und das Wetter war oll. Da hatte ich plötzlich auch einen Bock mehr. Also begnüge ich mich mit ein paar wenigen Schnappschüssen und Eindrücken.
Zum Beispiel von Dubai. Das Wetter hier ist göttlich, wer da keine hundert Jahre alt wird, macht irgendetwas falsch. Der Empfang am Flughafen war herzlich, die Einreisebehörde ließ sich viel Zeit und die lange Schlange lange warten. Aber das Warten lohnt sich, denn jeder, der in Dubai aus dem Flugzeug steigt, bekommt eine Armbanduhr aus purem Gold geschenkt, mit 1001 Diamanten besetzt. Anschließend folgt ein netter Transfer zum Hotel, der Mann an der Rezeption jedoch verzog keine Miene, vermutlich hat er gerade eine Wette laufen, wer zuerst lacht, hat verloren. Ich ließ ihn gewinnen, zur Strafe lassen sie mich nun sechs Stunden warten, bis ich gegen Mittags endlich auf's Zimmer darf.
Ich bin schon dreimal auf der Straße angesprochen worden, woher ich komme. In Berlin müßte man seine Herkunft schon jemandem mit Nachdruck aufdrängeln, und der würde es dann trotzdem nicht wissen wollen. Die Menschen hier sind alle echt entspannt und nett, außer, sie haben gerade gewettet, aber das ist auch kein Wunder bei dem herrlichen Klima. Kuscheligflauschige 29°C, etwas diesig, hohe Luftfeuchtigkeit. Besser geht's nicht.


In der DDR gab es ja bekanntlich keine Supermärkte. In der DDR gab es Kaufhallen. Während man im Westen wohl eher sagte, ich gehe mal zu Kaisers oder eben in den Supermarkt, hieß es im Osten einfach Kaufhalle. Das ist so fest in uns Ossis verankert, daß wir es heute immer noch sagen. Und seit eben weiß ich auch, warum. Ich war nämlich gerade im Supermarkt gegenüber vom Hotel. Dieser liegt in einem Einkaufscenter, das vermutlich dreimal so groß ist, wie alle Berliner Einkaufscenter zusammen. Und darin dann noch der Supermarkt, für den der Name eigentlich nicht paßt, er müßte eher Ultramarkt heißen, so groß ist er. Es gibt dort von jedem nur denkbaren Artikel tausend verschiedene Sorten, fein säuberlich und millimetergenau mit dem werbewirksamen Etikett nach vorne aufgereiht, so wie man es eben in der Verkäuferschule lernt. Wäre „perfekt“ noch steigerungsfähig, würde ich es „perfekter“ nennen. Dagegen ist der Kaisers bei mir anne Ecke wirklich nur 'ne Kaufhalle. Shoppen in Dubai macht übrigens riesigen Spaß: Egal, was man kauft, das erste Stück ist grundsätzlich kostenlos und die nächsten beiden gibt's als Gratiszugabe noch obendrauf. Erst das vierte Stück muß bezahlt werden. Darum gibt es hier auch so viele Autos.
Die Straßen sind überall blitzeblank, keine Kippen, keine Hundehaufen (Hunde sind hier wohl nicht so angesagt, zumindest habe ich noch keinen gesehen), stattdessen viele hübsch gestaltete und liebevoll gepflegte Beete. Auch an Sicherheit mangelt es nicht: Man sieht hier fast mehr Sicherheitspersonal als Einwohner. Möglich ist das alles aber vermutlich nur aufgrund der niedrigen Löhne, die Einwohner kommen größtenteils wohl aus Indien und Asien. Jaja, ich weiß, Indien liegt auch in Asien.
In Dubai sieht es aus, wie in einem Disneyland für Architekten. Die meisten Gebäude sind wohl erst in den Neunzigern entstanden, davor gab es hier überwiegend nur Wüste, wenn man den Bildern glauben darf. So kommt es dann zu erstaunlichen Kontrasten zwischen Moderne und Tradition.


Der Blick aus dem Hotelfenster ist übrigens auch ganz nett, da hab ich schon Schlimmeres erlebt, zum Beispiel in Madrid, wo ich in einen Hinterhof schauen mußte, der so eng war, daß ich mich unwillkürlich fragte, wie der komische Schacht in das Haus kommt.


Schade nur, daß sich das Fenster nicht öffnen läßt, so riecht es immer ein wenig muffig. Deswegen verbringe ich soviel Zeit wie möglich im Freien und durfte heute erfreut feststellen, daß die Werbung des Sonnencremeherstellers hält, was sie verspricht. Und auf der berühmten Palmeninsel stellte ich wiederum fest, daß man die eigentliche Palme nicht betreten kann, weil es sich dort um Privatgelände handelt. „The Crescent“ – der Außenkreis – ist hingegen relativ unspektakulär. Das verstehen Taxifahrer übrigens unter dem Begriff „Beach“:


Das ist jedoch nicht weiter schlimm, denn Taxis sind hier sehr preiswert. Eine halbe Stunde durch die Gegend fahren kostet etwa 60 Dirham, das sind rund 12 Euro.
Doch zurück zur Architektur: Dubai ist ein Mekka für Architekturfans. Es ist erstaunlich, wieviele Möglichkeiten es gibt, Hochhäuser gestalten.




Und nur mal nebenbei bemerkt – das flache Gebäude mit dem goldenen Dach ist eine U-Bahn-Station. Wo bei uns die Deutsche Bahn grauenvoll graue Betontrassen hinstellt, sind die überirdischen U-Bahntrassen hier liebevoll bis ins kleinste Detail gestaltet. Jede Parkbank, jeder Gullideckel, jeder Handlauf und jede Laterne sind hier schön und ästhetisch ansprechend. Hinter dem Hotel gibt es einen kleinen Park mit einer Joggingstrecke. Diese ist aber nicht krümelig, wie eine Aschenbahn oder rot angemalt, wie unsere Fahrradwege, nein – sie hat einen rückfedernden Gummibelag, wie eine Turnschuhsohle. Sowas hab ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen.


Doch kommen wir nun endlich zum eigentlichen Star und Zweck meiner Reise, dem König von Dubai, dem größten Weltwunder. Zumindest, was die Höhe angeht. Hier versteckt es sich noch:


Und hier auch:


Und hier sowieso:


Doch jetzt – in ganzer Schönheit, in voller Größe, das höchste Gebäude der Welt, ganze 828 Meter (ich hab es zweimal nachgemessen!) pure Eleganz und Anmut, Ladies'n Gentlemen, ich präsentiere das Burj Khalifa:


Ein, für meine Begriffe, wirklich gelungenes Bauwerk …


… neben dem andere Gebäude tatsächlich wie Zwerge aussehen:


Allerdings dürfte es auch gar nicht viel kleiner sein, denn in der Weite der Landschaft verliert sich die Größe ein wenig. Wenn ich am Berliner Alexanderplatz zum Fernsehturm hochschaue, sieht er auch nicht viel kleiner aus. Es ist also immer der Maßstab, der eine Sache über eine andere erhebt.
Natürlich kann man das Gebäude auch besteigen, also nichts wie hin zur Kasse. Die Nachricht auf den flackernden Displays ist leider jedoch ernüchternd: „Today: sold out. Tomorrow: sold out“. Und übermorgen bin ich schon nicht mehr hier. Die Warteschlange ist etwa 100 Meter lang. Nun ja, so ist das eben beim höchsten Gebäude der Welt. Der Eintrittspreis liegt etwa bei 20 Euro. Das Geld hier sieht auch lustig aus:


Die Münzen sind nur mit arabischen Zeichen geprägt und für einen unkundigen Europäer nicht lesbar. Wenigstens die Scheine haben auf der Rückseite auch die uns bekannten Ziffern.
Donnerstag – heute nun ging es noch einmal zurück zum größten Gebäude der Welt, um den – wie sollte es anders sein – größten Wasserspielen der Welt zuzuschauen. Nun ja, sagen wir mal, sie ragen nicht ganz an die Klasse des Gebäudes heran.



Auffallend ist, daß hier kaum Menschen auf den Bürgersteigen zu sehen sind, und wenn doch, bewegen sie sich langsam und gemächlich, besonders die Emiratis in ihren traditionellen, weißen Gewändern. Sie sehen darin fabelhaft aus, stolz und in sich ruhend. Aber Dubai ist kein Land des Laufens, hier fährt man Auto, schon wegen der riesigen Distanzen. Meistens sind es spritschluckende Geländewagen, aber hohe Benzinpreise sind hier an der Quelle kein Problem, es gibt nicht einmal Tankstellen. Stattdessen haben alle Autos an Stelle des Tankdeckels den üblichen Schlauch mit dem Tankstutzen. Man fährt damit einfach irgendwohin in die Wüste, steckt den Stutzen in den Wüstensand und tankt einmal voll.


In Atlantis, einem Freizeitpark rund um das Thema Wasser, gab es eine Handvoll Fische zu sehen, allerdings zu wenige, um die 25 Euro Eintritt zu rechtfertigen. Nun gut, die staubsaugenden Taucher wollen vermutlich auch von irgendetwas leben.




Nur ein Objekt meiner Begierde konnte ich leider nicht genauer inspizieren: Das berühmte Burj Al Arab, welches wie ein Segel an der Küste des indischen Ozeans steht. Gäste, die sich deren Zimmerpreise leisten können, sind anscheinend lieber unter sich. Somit heißt es dann barsch vom Sicherheitspersonal: „no booking – no looking!“. Der freundliche pakistanische Taxifahrer wies mich bereits darauf hin.



Den Ozean zu finden, ist hingegen gar nicht so leicht, weil alles mit Hotels zugebaut ist. Aber wenn man sich am Jumeirah-Hotel vorbeischleicht, steht man dann doch endlich am Strand von Dubai. Ich habe auch kaum zwei Sekunden in ihre Richtung geschaut, schon luden mich die drei Herren freundlich und gestenreich ein, mich zu ihnen zu setzen. Als fremdelnder Großstädter habe ich das höflich zurückhaltend abgelehnt und hoffe inständig, sie damit nicht beleidigt zu haben.



Und genauso habe ich die Bewohner Dubais kennengelernt: Als ein kunterbuntes Miteinander von Nationalitäten und Religionen, alle hier sind höflich, vorsichtig, rücksichtsvoll und tolerant. So verlasse ich Dubai mit etwas Wehmut, aber ich komme bestimmt eines Tages wieder zurück. Aber jetzt muß ich weiter, in vier Stunden startet mein Flugzeug. In ein Land, noch viel weiter weg.



Dieser Beitrag wurde nicht gesponsort von Kaisers. Und leider auch von keinem Millionär (m/w). Die Stelle ist noch immer zu vergeben!

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